
Die Reinigung des Rumpfs, die ich im letzten Post erwähnt habe, brachte leider nicht ganz den erhofften Erfolg in Bezug auf unsere Reisegeschwindigkeit. Entweder haben wir noch ein Problem mit dem Drehflügelpropeller, oder der Motor selbst liefert nicht die volle Leistung.

Um den Propeller genauer unter die Lupe zu nehmen, brauchen wir entweder einen Kran oder eine Sandbank. Letzteres findet sich noch im Ria Miño – sozusagen direkt vor unserer Haustür. Die lokale Polizeistation hat direkten Blick auf die besagte Position, und so holen wir uns die ausdrückliche Genehmigung (die unverzüglich, im besten Englisch und sehr höflich erteilt wird), bevor wir Müggele auf Grund setzen.

Der weiche Sand und die Strömung im Fluss machen die Positionierung während des Trockenfallens komplizierter als gedacht. Beim ersten Versuch umspült der Fluss den Kiel auf der strömungszugewandten Seite so sehr, dass wir am Ende mit zehn Grad Schräglage ganz schön schief zum Stehen kommen.

Das Ruder, das nahe beim Propeller sitzt, verursacht durch die Strömung ebenfalls eine Senke im Sand. Der Propeller bleibt somit auch bei Niedrigwasser nicht trocken zugänglich.

Im zweiten Anlauf platzieren wir uns mit zwei Ankern parallel zur Flussrichtung und schaffen es gerade noch, nicht von der Kante der Sandbank zu rutschen. Auf Backbord bleiben nur wenige Meter Reserve auf der flachen Hochebene. Putzen und inspizieren können wir so ganz hervorragend – aber leider ohne den erhofften Erfolg. Wir finden keinen nennenswerten Bewuchs oder gar einen Schaden; unsere Reisegeschwindigkeit unter Motor bleibt weiterhin deutlich unter unseren bisherigen Erfahrungswerten.

Der Turbolader des Dieselaggregats gerät als Nächstes in Verdacht. Das typische hohe Surren des Luftverdichters klingt etwas anders als bisher. Zudem stelle ich leichten Ölaustritt am Verdichtergehäuse fest.

Viele Segler halten einen Motor mit Turbolader für ungeeignet, da er mit relativ hoher Last gefahren werden sollte – eine Leistung, die auf einem Segelboot eher selten abgerufen wird. Wenn solche Maschinen nicht entsprechend gefordert werden, verdreckt das Turbinenrad durch die Abgase, es setzt sich zu. Das wäre ein naheliegender Grund für die festgestellten Leistungseinbußen. Für uns war es nie eine Frage, ob Turbolader oder nicht. Der Yanmar war bereits eingebaut, als wir das Boot 2019 bei einer Zollauktion ersteigert haben. Bisher waren wir mit dem Aggregat auch vollkommen zufrieden.

Vor Anker wollen wir uns diesem Problem nicht stellen. Wir segeln die 50 Meilen nach Porto, genauer gesagt in den Hafen Matosinhos.

Knapp vier Monate liegt die letzte Hafennacht zurück. Unser Ankergeschirr hat uns seitdem in den Rías treue Dienste geleistet. Irgendwann musste die Serie leider reißen.

Im eher industriellen Hafen erhoffen wir uns Unterstützung für die Reparatur und zudem einen geschützten Platz für die Wartezeit. Falls wir zum Beispiel eine neue Turboeinheit organisieren müssen, könnte das eine ganze Weile dauern.

Während dieser Zeit ist Müggele ohne Motor nicht reisetauglich.

So kommt es tatsächlich: Der lokale Bootszubehör-Shop organisiert uns einen Mechaniker, der die erwartete Diagnose stellt – der Turbo muss ausgebaut und zur Überholung eingeschickt werden. Das wird nicht in ein paar Tagen erledigt sein.

Wie könnten wir uns die Wartezeit versüßen? Zum einen natürlich durch regelmäßigen Klönschnack, da die Crew der Hello World zu unserer großen Freude ebenfalls längere Zeit im Hafen verweilt. Zum anderen erinnern wir uns an die tollen Ausflüge ins Hinterland während der vergangenen Winterperiode. Also buchen wir kurzerhand Mietwagen und Airbnb.

Zweimal brechen wir für jeweils vier Tage auf. Zuerst besuchen wir den Nationalpark Serra da Estrela.

Der Torre, mit 1993 m der höchste Berg des portugiesischen Festlands, liegt in dieser Gebirgskette. Am Gipfel finden wir auch das einzige Skigebiet Portugals.

Neben dem Sessellift verbreiten zwei ziemlich verfallene Türme eine Lost-Places-Stimmung.

Wir wandern entlang des Flusses Seia,...

besuchen den Covão dos Conchos...

mit seinem trichterförmigen Überlauf,...

den im Sommer leider oft ausgetrockneten Wasserfall Poço do Inferno,...

das Quellgebiet des Rio Zêzere...

und noch diverse andere Ziele.

Der zweite Ausflug bringt uns ins obere Douro-Tal, direkt an die Grenze zu Spanien.

Wir wandern nicht nur die Sohlen unserer Wanderschuhe blank,...

sondern fahren leider auch einen Platten in unseren ansonsten tadellosen Mietwagen.

Wir befürchten viel Zeitverlust und einen Haufen Bürokratie für die Reparatur bzw. Kostenerstattung. Zum Glück schaffen wir nach der Warnmeldung zum Reifendruck noch gute zehn Kilometer bis zur nächsten Tankstelle.

Angeschlossen findet sich dort – wir wollen unser Glück kaum glauben – ein Reifenservice. Während wir noch das Loch im Gummi suchen, dirigiert uns der Mechaniker gleich in die Halle, und ohne ein weiteres Wort surrt bereits der Schlagschrauber.

Das Loch ist schnell entdeckt und fast genauso schnell repariert. 15 Euro plus 5 Euro Trinkgeld und 30 Minuten Verzögerung kostet uns der Plattfuß – und schon sind wir wieder unterwegs. Besser kann man es wohl kaum erwischen.

Obwohl der nördliche Teil Portugals nicht riesig ist, bekommen wir auf der Fahrt den Eindruck, dass wir hier noch viele Ausflüge machen könnten.

Gebirgszüge, Seen, Flüsse, riesige Plantagen, trockene Steppen, dann wieder Waldgebiete... Sollte der überholte Turbo noch etwas auf sich warten lassen, langweilig wird uns sicher nicht.

Auf dem Weg sehen wir aus der Nähe, was wir schon vorab mehrmals in den Medien gehört haben: Portugal ist dieses Jahr besonders stark von Waldbränden geplagt.

Für morgen, Dienstag, hat man uns den Wiedereinbau des Motorteils in Aussicht gestellt. Falls das klappt, werden wir uns bald wieder per Wasserfahrzeug auf Reisen begeben. Lissabon könnte bei gutem Wetter in wenigen Tagesetappen erreicht werden.

Dort treibt allerdings gerade ein Teil der unfreundlichen Orca-Familie sein Unwesen. Direkt in der Bucht vor der Hauptstadt gab es in den letzten drei Tagen fünf Angriffe.

Ein Segelboot wurde so stark beschädigt, dass es sank. Ein ähnliches Ergebnis erwarten wir angesichts unseres eher stabilen Metallboots zwar nicht, aber wir hätten nichts dagegen, wenn sich die Lage erst etwas beruhigen würde, bevor wir dort eintreffen.
<< Zur Übersicht < Älter Neuer >