
Mein letztes Lebenszeichen kam Anfang Februar und wurde aus dem Hafenbecken von San Esteban gesendet, wo wir fünf Nächte vor Anker lagen.

Die lange Funkstille könnte bedeuten, es war einfach nur langweilig und es gab nichts, worüber wir erzählen könnten, oder aber ich war so beschäftigt, dass ich gar nicht ans Schreiben dachte.

Erfreulicherweise ist Letzteres der Fall. Schon die Ausfahrt aus San Esteban gestaltet sich interessanter, als es unseretwegen hätte sein müssen. Ein flaches Gebiet vor der Hafenmole lässt die Wellen schnell brechen und verhindert dann die Ein- und Ausfahrt, ähnlich wie kürzlich bereits in Ribadesella. Für eine bessere Planung wurde sogar eine Webcam aufgestellt, so konnten wir bereits vor dem Auslaufen durch den mehrere hundert Meter langen Kanal ein Bild der Lage bekommen.

Die Geräuschkulisse am Nachbarstrand lässt nichts Gutes erahnen, wir sehen aber keine weißen Linien vor der Ausfahrt, also steuern wir Richtung offenes Meer. Als wir etwas weniger als hundert Meter vor dem Ende der Mole sind, pflügt eine brechende Welle von links nach rechts einmal quer durch unser Blickfeld. Wir schauen uns kurz gegenseitig an und leiten umgehend das Friedrich-Merz-Manöver ein. Noch bevor die Reise so richtig beginnt, machen wir auf dem Absatz kehrt und fahren den exakten Gegenkurs.

Zurück am Ankerplatz verbringen wir eine weitere Nacht, bevor wir einen neuen Anlauf wagen, der dann tatsächlich erfolgreich verläuft.

Die Fahrt nach Viveiro, gut 70 Meilen, ist ziemlich wackelig. Ich erwarte, wie bei solchen Bedingungen üblich, dass Mareike bald blass und still werden dürfte. Aber von wegen. Meine Liebste ist das blühende Leben, die komplette Fahrt über. Ich habe die Rechnung ohne das französische Reisemittel MERCALM gemacht, das sie heute testet. Das Medikament scheint bei ihr ganze Arbeit zu leisten. Falls sich das wiederholt bestätigt, wäre es eine riesige Erleichterung. Für sie, weil Seekrankheit wahrlich kein Vergnügen ist. Und auch für mich, weil ich dann bei härteren Bedingungen nicht mehr gefühlt einhand unterwegs wäre.

Viveiro empfängt uns gegen Mitternacht mit einer bestens geschützten Ankerbucht, wo wir einen stürmischen Tag abwettern, bevor wir für einige Wochen in die Marina verlegen. Mareike steht der zweite und letzte Arbeitsbesuch in der Heimat für diese Wintersaison bevor. Auf dem Rückweg nach Spanien wird ihre Mutter sie begleiten und uns für 10 Tage besuchen. Für diesen Zeitraum haben wir uns mit Viveiro einen der am besten vor Schwell und Dünung versteckten Häfen in ganz Spanien ausgesucht.

A Coruña wäre die naheliegendere Alternative für einen längeren Aufenthalt gewesen, die Liegebedingungen sagen uns in Viveiro aber mehr zu. Abgesehen von der etwas schlechteren Anbindung an den öffentlichen Personenverkehr sind wir im Nachhinein mit unserer Entscheidung sehr zufrieden.

Unseren Streckengewinn während Dezember und Januar haben wir etwas größer eingeschätzt, optimistisch hatte Mareike Flüge von/nach Porto gebucht. Der Zielflughafen Memmingen war natürlich auch ein Kriterium. Wer sich noch an meine letzten Posts erinnert, wird ahnen, was jetzt kommt: Mietwagen und AirBnb natürlich. Ab geht's auf die Autobahn nach Portugal.

Die Unterkunft nahe Braga fällt etwas rustikal aus. Riesig, für zwei Personen, aber diesen Rittersaal bekamen wir selbst mit Kaminfeuer nicht richtig warm.

Bevor ich Mareike am Flughafen absetze, unternehmen wir noch einige kleinere Ausflüge, wie den Besuch der Bom Jesus Treppe...

...oder die Wanderung über die Ponte de Mizarela.

Wenn wir im Sommer mit dem Boot in Portugal sein werden, dürfte durch die deutlich höheren Preise für Auto, Unterkunft und Hafenplatz die Erkundung des Hinterlandes weniger attraktiv für uns sein.

Dass die nun folgende Zeit als Strohwitwer (Mitte Februar bis Mitte März) nicht langweilig ausfällt, liegt an mehreren Gründen. Zum einen habe ich den Mietwagen noch eine weitere Woche und ich mache damit ausgiebig die Umgebung unsicher.

Dann sind da noch diverse kleinere wie größere Bastelprojekte, die auf Umsetzung hoffen. Hier eine neues Kabel, dort ein Stückchen Holz.

Was diesem Punkt jedoch wirkungsvoll Widerstand leistet, ist die ausgesprochen gute Gesellschaft, in der ich mich befinde. Eine ganze Handvoll anderer Reiseboote liegen im Hafen, eine tolle Truppe formt sich rasch, das Unterhaltungsprogramm ist vielfältig und zeitraubend.

Vom gemütlichen Spaziergang...

...über diverse Bar- und Restaurantbesuche...

...dem Versuch der sportlichen Betätigung...

...bis hin zur Musiknacht auf der Antares bietet Viveiro mehr Entertainment als erwartet.

Unser Hafennachbar Marco (SV Serenity) macht mir mit seinen tollen Bildern auf Instagram vom SUP-Paddeln so den Mund wässerig, dass ich kurzerhand ein solches Sportgerät bestelle und in die Marina liefern lasse.

Während Mareike Zuhause fleißig Vorlesungen hält und von Schnee schreibt...

...erkunde ich in kurzen Hosen den wunderschönen Ria de Viveiro. Die Welt ist ungerecht. 😇

Von Mareikes Rückkehr, dem Besuch meiner Lieblingsschwiegermutter und dem tatsächlichen Start in die Segelsaison 2025 erzähle ich dann im nächsten Post.
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