Die Herbststürme kamen dieses Jahr früh, teilte man uns schon vor drei Wochen auf Fair Isle mit. Seitdem haben die regelmäßig heranrollenden Stürme unseren Reiseplan fest im Griff.
Seit der Überfahrt von Norwegen Anfang September nutzen wir die Flauten-Tage zwischen den Tiefdruckgebieten, um von einem sicheren Fleck zum nächsten zu kommen.
Genuss-Segeln sieht anders aus - trotz des karibischen Wassers.
Bisheriger "Höhepunkt" war eine Ankernacht in der Bay of Firth. Eine Stunde vor der ersten Dämmerung begann der Anker durch den Boden zu schleifen. Der Ankeralarm am Handy heulte los. Notwendig wäre das nicht gewesen, das ganze Schiff schüttelte sich unüberhörbar bei jedem Meter Fortschritt nach achtern. Zwangsläufig gingen wir Anker auf. Allein das ist in solchen Momenten kein Vergnügen.
Die Bucht verlassen wollten wir ungern, da die Tidenströmung zwischen den Inseln in Kombination mit dem stürmischen Wind eine ernste Gefahr darstellt. Ins nicht allzuweit entfernte Kirkwall hätten wir es vermutlich geschafft, aber Hafenmanöver fahren bei 55 Knoten Wind? Illusorisch. Höchstens im Notfall, wenn Schäden am Material in den Hintergrund rücken.
Fast 8 Stunden lang drehten wir in der Bucht Kreise unter Motor, bis der Wind am Nachmittag nachließ. Klingt langweilig, war es aber leider nicht. Die Manövrierfähigkeit bei solchen Winden ist stark eingeschränkt. Der Mast und das restliche Rigg bieten soviel Angriffsfläche, dass die Fahrtrichtung eher als Verhandlungslösung zwischen Mensch und Natur angesehen werden muss.
In den Halsen krängten wir durch den seitlich einfallenden Wind regelmäßig so sehr, dass der Motor über den Verlust des Öldrucks meckerte. Ein alarmierendes Piepsen aus Richtung des Motorpanels ist das Letzte, was man in so einer Situation hören möchte.
Die Küstenwache bemerkte unsere ungewöhnliche Fahrt über das AIS Ortungssystem und fragte über Funk, ob wir Hilfe benötigen. Zum Glück konnten wir das verneinen.
Eigentlich unternehmen wir gerne Landausflüge, jedoch herrschten auch während der Hafenzeit in Kirkwall solche Bedingungen, dass wir das Boot nicht längere Zeit unbeaufsichtigt lassen wollten.
Für einen Abstecher in den nächsten Pub hat es aber immerhin gereicht.
Die Orkneys haben wir letzte Woche relativ spontan verlassen. Ein einzelner windarmer Tag reichte uns, damit uns unser Dieselaggregat ans schottische Festland, genauer gesagt in das Städtchen Wick, schieben konnte. Den auch bei den hartgesottensten Seemännern gefürchteten Pentland Firth, die Durchfahrt zwischen Orkneys und Schottland-Festland, umfuhren wir dabei weiträumig.
Der schön gelegene Hafen war für 7 Nächte unser Zuhause. Wir verbrachten die Zeit mit Ausflügen zu den lokalen Sehenswürdigkeiten:
verfallene Schlösser,
steile Klippen, schottische Pubs, der gut sortierte Lidl.
Die zwei in dieser Zeit durchgezogenen eher schwachen Stürme kamen aus einer für uns vorteilhaften Richtung und bewirkten bis auf ein paar Stunden verlorenen Schlafs nichts Nennenswertes.
Wir könnten es hier noch länger aushalten, aber drei Mal dürft ihr raten, warum wir am Dienstag weiterziehen werden: Genau, der nächste Herbststurm zieht heran. Ein ordentlicher Kamerad, der zur Abwechslung aus Ost, also direkt in die Hafeneinfahrt, blasen wird. Und was das in Wick bedeuten kann, wird auf YouTube verdeutlicht, wenn man nach "wick harbour storm" sucht.
Wenig überraschend haben wir darauf keine Lust. Inverness sollte deutlich besser geschützt liegen und sich zudem außerhalb des Sturmzentrums befinden. Dorthin soll es morgen gehen. Wie bereits seit Wochen sind die Tage zwischen den Stürmen eher windarm. Wir zählen also wieder auf unseren treuen Dieselmotor für die etwas mehr als 60 Meilen lange Strecke.
Nach den kommenden windreichen Tagen planen wir über den Kaledonischen Kanal auf die Westseite Schottlands überzusetzen. Sozusagen einmal quer durch das Hinterland. 29 Schleusen verteilen sich dabei auf nicht mal 60 Meilen Strecke. Wir freuen uns jedenfalls auf die hoffentlich sturmarme Binnentour.
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