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 Veröffentlicht am 24.09.2023 21:00 Uhr
Fair Isle zeigt sich fest entschlossen, uns hier zu behalten. Im kleinen Lebensmittelgeschäft, knapp 40 Minuten Fußweg entfernt, wird Mareike nach einer Woche scherzhaft gefragt, ob wir inzwischen hergezogen sind. Besucher, die so lange hier bleiben, scheinen nicht die Regel darzustellen.

Der Wind in der vergangenen Woche war sowohl von der Richtung als auch von der Geschwindigkeit nicht im Einklang mit unseren weiteren Reiseplänen.

Den Rückweg nach Lerwick hätten wir antreten können, darauf haben wir aber verzichtet. Wir planen weiterhin, die sehr ungewöhnliche Großwetterlage (es sind momentan 3 Hurricanes/Ex-Hurricanes auf dem Nordatlantik unterwegs) abzuwettern und nach Beruhigung der Situation weiterzuziehen.

Der kleine Hafen auf Fair Isle ist sicher, aber nicht unbedingt komfortabel.

Speziell zu Hochwasser klatscht häufig Schwell an die Kaimauer, an der wir liegen. Die Wasserbewegung ist die eigentliche Gefahr im Hafen, weniger der Wind.


Die Leinen knarzen, lassen unser Boot mit einem Ruck die Schwoj-Richtung wechseln. Steht oder läuft man an Bord, muss man sich festhalten, um auf den Beinen zu bleiben. Der Schlaf fällt entsprechend gering aus.

Wie immer ist Land der größte Feind des Seglers. An dieser Kaimauer wollen wir uns zwar gerne vertäuen, aber gleichzeitig weit davon entfernt halten.

Die mächtigen schwarzen Gummiprofile sind für große Fischerboote oder die Fähre gut geeignet. Leider würden sich unsere Fender ständig daran verhängen, dann die Fenderleinen abreißen oder gar unseren Seezaun beschädigen. Zudem ist ihr Härtegrad nicht auf unsere eher geringe Tonnage (Verdrängung ca. 15 Tonnen) ausgerichtet. 
Bei auflandigem Wind und Niedrigwasser könnte die hohe Kaimauer mit unserem Rigg/Mast kollidieren, wenn sich das Boot zur Seite neigt.
Wie in einer gut funktionierenden Ehe gilt also: stabil verbinden, aber nicht klammern.

Je nach angekündigter Windrichtungsänderung drehen wir vorsorglich den Bug in den Wind, spannen weitere Leinen oder ziehen in eine andere Ecke des Hafens um.

Gestern haben wir eine komplette Verlegung vorgenommen.

Inklusive des Ausbringens weiterer Landleinen mit dem Beiboot unter permanenter Beobachtung der lokalen Robben-Gang dauerte diese Aktion über fünf Stunden. Das glamouröse Yachtleben eben... 🥴

Angesichts der Windprognose für die kommende Nacht haben wir keine Mühe gescheut. Bei über 50 Knoten (10 Beaufort) erwarten wir nicht allzu viel Schlaf.
Immerhin dürfte sich der Kern des Geschehens um den Zeitpunkt des Niedrigwassers herum abspielen, das reduziert den Schwell im Hafen. Man freut sich über jeden Strohhalm. 😬 

Wie gern würden wir es der Fähre gleichtun. Sie parkt einfach neben unserem Liegeplatz, gut geschützt von hohen Felsen in ihrer Slipanlage. 

Der Captain der Fähre bietet uns seinen üblichen Liegeplatz an und hält uns über seine Fahrpläne (die momentan ebenfalls auf Eis liegen) auf dem Laufenden. Der Anleger der Fähre ist der am besten geschützte Platz im kleinen Hafenbecken, von dort sehen wir der heutigen Nacht zuversichtlich entgegen.
Nicht nur der Captain packt mit an und hilft uns, wo er kann. Auch andere Inselbewohner geben gerne Tipps und Unterstützung.

Good evening sir, this is Philipp from sailing vessel Müggele (the german boat in the harbour). Could you please tell me when are you planing to use Good Shepherd again? In regards to the strong winds from Sunday to Tuesday we are considering our mooring options. Thank you and have a nice evening.

Man sagt den Schotten große Freundlichkeit im Umgang mit Besuchern nach. Völlig zurecht, wie wir feststellen.
Fender in XXL-Übergröße... 

und Leinen, dicker als mein Handgelenk, werden uns angeboten.

Zudem werden wir zum hiesigen Erntedankfest in die Dorfhalle eingeladen und dürfen uns als Teil der Gemeinschaft fühlen. Erinnerungen, die mit Geld nicht zu kaufen sind. 

Drückt uns die Daumen für die kommende Nacht. Wir sind vorbereitet und harren nun der Dinge, die da kommen werden.
✅ Anker mit 8-facher Wassertiefe an Ankerkette ausgebracht 
✅ Hunderte Meter Landleinen verlegt 
✅ Fender platziert
✅ Windangriffsfläche reduziert 
✅ Versicherungssumme erhöht 😆

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